Kontributionskataster und Prästationstabellen


 

Alsbald nachdem König Friedrich der Große im Zuge der ersten polnischen Teilung Polens im September 1772 seine neuen Provinzen - die früheren Wojewodschaften Pommerellen (ohne Danzig), Marienburg und Kulm (ohne Thorn), das Fürstbistum Ermland und den Netzedestrikt - in Besitz genommen hatte, ließ er die Leistungsfähigkeit und die Steuerkraft der neuen Besitztümer durch eine "Klassifikationskommission" feststellen. Die in diesem Zusammenhang für jeden Ort erstellten "Kontributionskataster" enthalten u. a. Angaben zu den Bewohnern (Haushaltsvorstand und Anzahl der im Haushalt lebenden Personen), zum Viehbestand und zum Landbesitz. Die in den Jahren 1772/73 angelegten Kontributionskataster werden als zeitgenössische Abschriften, die in den Jahren 1776 bis 1779 angefertigt wurden, im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin verwahrt und stehen dort als Digitalisat für Westpreußen und den Netzedistrikt zur Einsicht zur Verfügung. Die Urschriften der Kataster für Westpreußen sind 1945 im Staatsarchiv Danzig größtenteils verloren gegangen. Lediglich für wenige Regionen wurden die Kataster bisher vollständig ausgewertet und publiziert (vgl. dazu die nachstehenden Literaturhinweise).
 

In den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden von den Bänden Westpreußens (ohne den Netzedistrikt) maschinengeschriebene Auszüge angefertigt. Diese Auszüge befinden sich heute im Herder-Institut in Marburg. Obwohl die "Marburger Auszüge" eine Vielzahl von Lese- und Schreibfehlern aufweisen, bietet der von einer kleinen Arbeitsgruppe anhand dieser Quelle erstellte und veröffentlichte Familiennamen-Index einen "schnellen" Überblick über die in den Katastern auftretenden Familiennamen.


Nur für wenige westpreußische Ämter (Elbinger Höhe, Marienburg, Marienwerder, Riesenburg und Stuhm) gibt es im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sogenannte Prästationstabellen, in denen Angaben über die abgabepflichtige Bevölkerung vom Ende des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts erfasst sind. Diese Kataster enthalten in der Regel ein Dorfprotokoll mit Aufzeichnung der Ortslage, sowie tabellarische Auflistungen mit Namen, Angaben zum Landbesitz und daraus resultierender Steuerveranlagung der pflichtigen Haushaltsvorstände (Klassifikationsanschlag) ohne weitere persönlichen Daten zu den erfassten Personen. Nicht klassifiziert wurden die unter der Kammerverwaltung stehenden und wie die Domänen verpachteten geistlichen Güter, sowie die von der Kontribution ausgenommenen königlichen Forsten und die Starosteien, die der König zu künftigen Domänen bestimmt hatte. Nicht berücksichtigt sind zudem die adeligen Güter und die größeren Städte.


 

Weiterführende Literatur:

Georg Dabinnus, Die ländliche Bevölkerung Pommerellens im Jahre 1772 mit Einschluß des Danziger Landgebietes im Jahre 1793 (= Wissenschaftliche Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Ost-Mitteleuropas, Band Nr. 6=, Marburg 1953;

Ruth Bliß, Zur Überlieferung der Friderizianischen Landesaufnahme für Westpreußen und den Netzedistrikt in den Jahren 1772/73, in: Preußenland, 6. Jahrgang (1968), S. 49 ff.;

Kornelia Hubrich-Mühle, Der Kontributionskataster der Friderizianischen Landesaufnahme Westpreußens und des Netzedistrikts aus dem Jahre 1772/73. Überlieferungsgeschichte und Forschungsstand, in: Zeitschrift für Ostforschung Band 39 (1990), S. 1 ff.;

Ernst Bahr, Das Territorium der Stadt Danzig und die Danziger Hospitalgüter bei der Preußischen Landesaufnahme von 1793,
Erster Band: Danziger Bauamt, Danziger Höhe, Danziger Niederung, Hamburg 1986,
Zweiter Band: Danziger Nehrung, Scharpau, Hela, Hospitalgüter, Hamburg 1987,
(= Sonderschrift Nr. 57/1 und 57/2 des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V.)

Gerhard Kling, Das Territorium der Stadt Elbing und die Elbinger Hospitalgüter bei der Preußischen Landesaufnahme von 1772/73,
Erster Band: Die Ortschaften der Elbinger Höhe, Hamburg 1995,
Zweiter Band: Die Ortschaften der Elbinger Niederung, Hamburg 1996
(= Sonderschrift Nr. 83/1 und 83/2 des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V.) 

Gerhard Kling, Das Amt Tolkemit bei der Preußischen Landesaufnahme 1772/73, Hamburg 2006;
(= Sonderschrift Nr. 107 des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V.)

Gerhard Kling, Die Ortschaften im Großen Marienburger Werder bei der Preußischen Landesaufnahme von 1772/73, Hamburg 2011;
(= Sonderschrift Nr. 111 des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen e. V.)