Das Militärwesen in Westpreußen


 

Ein stehendes Heer gab es in Polen erst seit 1717. Den Regimentern waren dabei bestimmte Bezirke zugewiesen, aus denen sie ihren Unterhalt an Geld zogen. In den 1772 an Preußen angegliederten drei Wojewódschaften standen seinerzeit drei Regimenter, die jeweils halbjährlich (im März und im September) zur Deckung ihres Soldanspruches eine Kopfsteuer und darüber hinaus die Winterbrotgelder ("Hibernen"), eine Art Zusatzsteuer, erhoben. Nach der Angliederung an Preußen errichtete König Friedrich der II. fünf neue Infanterie-Regimenter und ein neues Kavallerie-Regiment, die er teils nach Westpreußen, teils in angrenzende Städte Ostpreußens verlegte. Darüber hinaus erhielten einige alte Regimenter ihre Standorte in der neuen Provinz. Bei den neu errichteten Regimentern handelte es sich um

 

  • das im Januar 1773 errichtete Füsilier-Regiment Nr. 51, das Marienburg zum Garnisonsort erhielt
     
  • das im April 1773 errichtete Füsilier-Regiment Nr. 52, das Preußisch Holland in Ostpreußen und Mühlhausen in Ostpreußen zum Standquartier erhielt
     
  • das im Juli 1773 errichtete Füsilier-Regiment Nr. 53, das Braunsberg in Ostpreußen zum Garnisonsort erhielt
     
  • das im Dezember 1773 errichtete Füsilier-Regiment Nr. 54, mit Garnisonen in Graudenz und Kulm;
     
  • das im Juli 1774 errichtete Füsilier-Regiment Nr. 55, das nach Mewe, Preußisch Stargard und Dirschau gelegt wurde
     
  • das aus abgegebenen Mannschaften alter Husaren-Regimenter im Jahre 1774 neu errichtete Husaren-Regiment Nr. 10, das in verschiedenen kleineren Städten Masurens und Westpreußens (hier in Bischofswerder, Gollub, Löbau und Neumark) in Garnison lag.  

 

Die verschiedenen Waffengattungen wurden zu Inspektionszwecken in Brigaden geteilt - die Infanterie in 13 und die Kavallerie in 7 Brigaden. Westpreußen gehörte 1806 mit 2 Dragoner-Regimentern zur Preußischen Inspektion der Kavallerie und bildete für die Infanterie eine besondere Westpreußische Inspektion mit 6 Regimentern und 3 Grenadierbataillonen. Ab 1820 wurden die Truppenformationen in Armeekorps (deren Bezirke in etwa den Provinzen entsprachen) und Divisionen gegliedert. Westpreußen gehörte zum 1. Armeekorps mit dem Generalkommando in Königsberg und bildete mit der 2. Infanteriebrigade, der 2. Kavalleriebrigade und der 2. Landwehrbrigade die zweite Division mit dem Divisionskommando in Danzig. Darüber hinaus bestanden in Westpreußen die Festungskommandanturen in Danzig, Graudenz, Thorn und Weichselmünde.

Im Jahre 1891 wurde Westpreußen eigenständiges 17. Armeekorps mit Sitz des Generalkommandos in Danzig. Zum 17. Armeekorps gehörten die 35. und 36. Division. Die 35. Division (in Graudenz) umfasste die 69. Infanteriebrigade (in Graudenz), die 70. und 87. Infanteriebrigade (beide in Thorn), die 35. Kavallerie- und die 35. Feldartilleriebrigade (beide in Graudenz). Die 36. Division (in Danzig) umfasste die 71. Infanteriebrigade (in Danzig), die 72. Infanteriebrigade (in Deutsch Eylau), die Leibhusarenbrigade (in Danzig) und die 36. Feldartilleriebrigade (in Danzig).

Die Ergänzung des stehenden Heeres erfolgte nach der Instruktion vom 30. Juni 1817 durch die Kreis-Ersatzkommissionen und die Oberersatzkommissionen. Jeder Armeekorpsbezirk bildete einen besonderen Ersatzbezirk, der in Brigadebezirke und diese wiederum in Landwehrbezirke unterteilt war. Die Landwehrbezirke wiederum waren in verschiedene Aushebungsbezirke unterteilt. Der Bereich des 17. Armeekorps gliederte sich ab 1891 in elf, die Provinz Westpreußen in neun Landwehrbezirke und zwar:

 

  • den Bezirk der 69. Infanteriebrigade in den Landwehrbezirk Konitz (mit den Aushebungsbezirken der Landkreise Konitz, Schlochau und Tuchel) und die Landwehrbezirke Schlawe und Stolp (mit jeweils landkreisbezogenen Aushebungsbezirken)
     
  • den Bezirk der 70. Infanteriebrigade in den Landwehrbezirk Graudenz (mit den Aushebungsbezirken Stadt und Landkreis Graudenz, Landkreise Marienwerder und Schwetz) und den Landwehrbezirk Thorn (mit den Aushebungsbezirken Stadt und Landkreis Thorn, Landkreise Briesen und Kulm)
     
  • den Bezirk der 71. Infanteriebrigade in den Landwehrbezirk Danzig (mit den Aushebungsbezirken Stadt Danzig, Landkreise Danziger Höhe, Danziger Niederung und Dirschau) und den Landwehrbezirk Neustadt (mit den Aushebungsbezirken der Landkreise Karthaus, Neustadt und Putzig)
     
  • den Bezirk der 72. Infanteriebrigade in den Landwehrbezirk Osterode/Ostpreußen und Deutsch Eylau (mit den Landkreisen Löbau, Rosenberg und Strasburg als Aushebungsbezirke);
     
  • den Bezirk der 87. Infanteriebrigade in den Landwehrbezirk Marienburg (mit den Aushebungsbezirken Stadt Elbing, sowie die Landkreise Elbing-Land, Marienburg und Stuhm) und den Landwehrbezirk Preußisch Stargard (mit den Aushebungsbezirken der Landkreise Berent und Preußisch Stargard)
     
  • zum Bereich des 2. Armeekorps und hier zur 74. Infanteriebrigade gehörte der Landwehrbezirk Deutsch Krone (mit den Aushebungsbezirken der Landkreise Deutsch Krone und Flatow).  

 

Zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurde durch Verfügung vom 30.12.1820 (endgültig) die Gendarmerie eingerichtet. Die Gendarmen waren militärisch organisiert, unterstanden dem Oberbefehl des Chefs der Landgendarmerie und dieser wiederum unmittelbar dem Kriegsministerium. Faktisch unterstanden die Gendarmen aber auch den Zivilpolizeibehörden, dem Ministerium des Innern und den Landräten, denen sie unmittelbar zugeteilt waren. Gendarmen waren Beamte des Polizei- und Sicherheitsdienstes und zugleich auch Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft und der Gerichte. Zeitweilig bestand neben der Landgendarmerie auch noch eine besondere Abteilung der Grenzgendarmerie (zuständig für die Überwachung der Steuer- und Zollgesetze). Der für Westpreußen zuständigen 12. Gendarmeriebrigade mit dem Sitz in Danzig unterstanden 1908 drei Distriktskommandeure in Danzig, Konitz und Marienwerder mit 23 Oberwachtmeistern, 152 berittenen und 107 Fußgendarmeriewachtmeistern.

Ausführlichere Informationen zur preußischen Militärgeschichte finden Sie unter www.preussenweb.de.  


 

Weiterführende Literatur:

Max Bär, Die Behördenverfassung in Westpreußen seit der Ordenszeit, Danzig 1912 (Reprint als Sonderschrift Nr. 62 des Vereins für Familienforschung in Ost- und Westpreußen, Hamburg 1989).

Alexander von Lyncker, Die altpreußische Armee 1714-1806 und ihre Militärkirchenbücher, Berlin 1937 (Reprint als Band 23 der Bibliothek Familiengeschichtlicher Quellen, Neustadt/Aisch 1980).

Curt Jany, Geschichte der Königlich Preußischen Armee, Bände I - IV, Berlin 1928 ff.

Hirsch, Bibliographie der deutschen Regiments- und Bataillonsgeschichten, Berlin 1905.

Iwand, Bibliographie der Deutschen Regiments- und Bataillonsgeschichten von 1905-1914, Biberach 1919